Psychologie

Hitze und Psyche – Wie hohe Temperaturen unsere mentale Gesundheit beeinflussen

Fachlich geprüft von

Inês Lopes

Sonnenschein, Urlaub, Freibad. Viele verbinden den Sommer mit Leichtigkeit und guter Laune. Doch gerade in den letzten Jahren zeigt sich eine Kehrseite: Extrem heiße Tage und tropische Nächte machen vielen Menschen zunehmend zu schaffen. Dabei geht es nicht nur um körperliche Beschwerden wie Kreislaufprobleme oder Schlafstörungen. Auch die Psyche leidet unter der anhaltenden Hitze.

Forschungen zeigen, dass extreme Temperaturen unsere mentale Gesundheit messbar beeinträchtigen können. Gereiztheit, Unruhe oder Stimmungstiefs sind häufige Begleiterscheinungen. Besonders betroffen sind Menschen, die ohnehin psychisch belastet sind, aber auch gesunde Personen spüren bei Hitzewellen oft eine emotionale Angestrengtheit, die sich schwer einordnen lässt.

In diesem Artikel erklären wir, warum Hitze für unsere Psyche so herausfordernd ist, welche Risiken bestehen und wie man sich schützen kann.

Was passiert bei Hitze im Körper und in der Psyche?

Unser Körper versucht ständig, eine konstante Kerntemperatur zu halten. Bei Hitze bedeutet das: Er arbeitet auf Hochtouren. Durch Schwitzen, vermehrte Durchblutung der Haut und hormonelle Regulation wird versucht, die Temperatur auszugleichen. Dieser Aufwand kostet Energie und das wirkt sich auf die Psyche aus.

Denn Hitze löst Stress aus. Der Hormonspiegel verändert sich, unter anderem steigt der Cortisolwert, was das emotionale Gleichgewicht beeinflussen kann (Kjellstrom et al., 2009). Dazu kommen Schlafprobleme. Studien zeigen, dass die Qualität des Nachtschlafs deutlich sinkt, wenn die nächtliche Umgebungstemperatur nicht unter ein bestimmtes Maß fällt (Obradovich et al., 2017). Schlafmangel wiederum beeinträchtigt die Konzentration, erhöht das Stressempfinden und macht emotional anfälliger.

Aber auch Dehydrierung spielt eine Rolle. Schon ein leichter Flüssigkeitsmangel kann die Stimmung und geistige Leistungsfähigkeit negativ beeinflussen (Adan, 2012). Kein Wunder also, dass viele Menschen sich an heißen Tagen ausgelaugt, unruhig oder niedergeschlagen fühlen.

Welche psychischen Folgen können auftreten?

Viele Menschen berichten bei großer Hitze von Reizbarkeit, innerer Unruhe oder Konzentrationsproblemen. Auch psychiatrische Kliniken und Notfalldienste berichten bei Hitzewellen vermehrt von Kriseninterventionen.

Eine Übersicht von Thompson und Kolleg:innen (2018) kommt zu dem Schluss, dass hohe Temperaturen mit einer Zunahme psychischer Beschwerden und Notfälle einhergehen können. Besonders auffällig sind dabei folgende Bereiche:

  • Depressionen: Schlafmangel, körperliche Erschöpfung und Hitzestress können depressive Symptome verstärken oder auslösen, insbesondere bei Menschen mit entsprechender Vorbelastung (Obradovich et al., 2018).
  • Angststörungen: Die körperlichen Reaktionen auf Hitze, nämlich Herzklopfen, Schwitzen, Atemnot, ähneln denen einer Panikattacke. Bei Menschen mit Angststörungen kann das zu Verunsicherung oder einer Verstärkung der Symptome führen.
  • Aggressionen und Gewalt: Hohe Temperaturen erhöhen nachweislich die Wahrscheinlichkeit aggressiven Verhaltens (Anderson, 2001).
  • Psychotische Erkrankungen: Besonders kritisch wird es bei Personen mit Psychosen. Einige Medikamente, etwa Antipsychotika, behindern die Wärmeregulation des Körpers. Das erhöht das Risiko für Überhitzung und Kreislaufzusammenbrüche.

Wer ist besonders gefährdet?

Nicht alle Menschen reagieren gleich auf Hitze. Einige Gruppen sind jedoch besonders anfällig, physisch wie psychisch. Dazu gehören:

  • Ältere Menschen, bei denen die körpereigene Temperaturregulation oft weniger effektiv funktioniert.
  • Kinder, deren Körper schneller überhitzt und die ihre Beschwerden nicht immer benennen können.
  • Menschen mit psychischen Vorerkrankungen.
  • Personen, die regelmäßig Psychopharmaka einnehmen.
  • Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder Demenz.
  • Sozial benachteiligte Menschen ohne Rückzugsmöglichkeiten in kühle Räume.

Für diese Gruppen ist es besonders wichtig, frühzeitig über Schutzmaßnahmen informiert zu sein und gegebenenfalls Unterstützung zu erhalten (Kovats & Hajat, 2008).

Medikamente und Hitze – eine gefährliche Kombination?

Psychopharmaka können die Fähigkeit des Körpers beeinträchtigen, mit Hitze umzugehen. Wer regelmäßig Medikamente einnimmt, sollte bei anhaltender Hitze Rücksprache mit der behandelnden Ärztin oder dem Arzt halten. Manchmal kann eine temporäre Dosisanpassung sinnvoll sein. Wichtig ist auch, auf mögliche Nebenwirkungen wie übermäßige Müdigkeit oder Kreislaufprobleme zu achten.

Was du tun kannst, um dich zu schützen

Auch wenn wir das Wetter nicht ändern können, können wir lernen, besser damit umzugehen. Hier einige Empfehlungen für psychische Stabilität bei Hitze:

1. Auf sich achten

Erkenne an, dass dein Körper bei Hitze mehr leistet als sonst. Wenn du dich erschöpft oder gereizt fühlst, ist das keine Schwäche, sondern eine normale Reaktion. Reduziere hohe Erwartungen an dich selbst, plane Pausen ein und achte darauf, deine Energie gut einzuteilen.

2. Schlaf fördern

Lüfte in den frühen Morgenstunden, dunkle Räume tagsüber ab, nutze Ventilatoren oder kalte Tücher. Auch eine lauwarme Dusche vor dem Schlafengehen kann helfen. Verzichte möglichst auf schweres Essen am Abend.

3. Genug trinken und leicht essen

Wasser ist das A und O. Trinke regelmäßig, auch wenn du keinen Durst verspürst. Leichte, wasserreiche Nahrung wie Obst, Salate oder Joghurt unterstützt den Körper zusätzlich.

4. Kühle Räume nutzen

Wenn du keine kühle Wohnung hast, informiere dich über öffentliche Orte wie Bibliotheken, Kultureinrichtungen oder Einkaufszentren mit Klimaanlage. Einige Städte bieten auch Hitzeschutzangebote für gefährdete Gruppen an.

5. Gespräche suchen

Wenn du dich psychisch belastet fühlst, sprich mit Freund:innen oder Kolleg:innen. Oft hilft es schon, sich mitzuteilen. Es gibt außerdem kostenfreie psychosoziale Beratungsangebote, die auch kurzfristig erreichbar sind.

Fazit: Mentale Gesundheit braucht ein gutes Klima

Die Auswirkungen von Hitze auf die Psyche sind real  und sie werden durch den Klimawandel zunehmend bedeutsamer. Umso wichtiger ist es, sich selbst und andere ernst zu nehmen, wenn das seelische Gleichgewicht bei hohen Temperaturen ins Wanken gerät.

Mit Achtsamkeit, guter Vorbereitung und einem unterstützenden Umfeld lässt sich der Sommer nicht nur überstehen, sondern auch bewusst gestalten.  

Quellen

  • Kjellstrom, T., Holmer, I., & Lemke, B. (2009). Workplace heat stress, health and productivity – an increasing challenge for low and middle-income countries during climate change. Global Health Action, 2(1), 2047. https://doi.org/10.3402/gha.v2i0.2047
  • Obradovich, N., Migliorini, R., Mednick, S. C., & Fowler, J. H. (2017). Nighttime temperature and human sleep loss in a changing climate. Science Advances, 3(5), e1601555. https://doi.org/10.1126/sciadv.1601555
  • Thompson, R., Hornigold, R., Page, L., & Waite, T. (2018). Associations between high ambient temperatures and heat waves with mental health outcomes: A systematic review. Public Health, 161, 171–191. https://doi.org/10.1016/j.puhe.2018.06.008